Swing-Chor Reudern und BrassWood Big Band Nürtingen |
Bericht von Reiner Gebhard erschienen in der Nürtinger Zeitung am 25.10.2013 |
Vor vollem Haus ging am vergangenen Samstagabend in der Nürtinger Kreuzkirche ein unterhaltsames Konzert über die Bühne. Der „Swing-Chor Reudern“ traf sich mit der Nürtinger „BrassWood Big Band“ zu musikalischem Treiben auf hohem Niveau. Swing und Pop füllten nonstop die gute Konzertstube der Stadt und entließen nach gut zwei Stunden an die 200 Besucher fröhlich in die laue Nacht.
Schon seit geraumer Zeit gedachte Chorleiter Reiner Hiby, es mal mit seinem alten Musiklehrer Reinmar Wipper zu versuchen und eine gemeinsame Musike mit dessen Big Band und seinem Chor auf die Bühne zu bringen. Nach getrennter Vorbereitung und nur zwei gemeinsamen Proben wurde das Projekt mit Erfolg gekrönt. Die Reuderner Vokalisten (eine Sektion des Liederkranz Reudern e.V.) steigerte sich in den letzten Probenwochen zu beachtlicher Stringenz mit geschlossenem Sound, der von Liebhabern des Gesanges mehr verlangt als bloß richtige Töne. Angeregt durch die mächtig swingende Bandformation präsentierten die singenden Damen und Herren - mit 12 Projektteilnehmern zu einem über 30-köpfigen Klangkörper erweitert - eine farbige Palette der amerikanischen Showmusik.
Mit „String Of Pearls“ (Jerry Grey/Glenn Miller) machte die Band sofort klar, was Sache ist, wenn 13 gut gelaunte Bläser und eine perfekt eingespielte Rhythmusgruppe den Sack aufmachen. Altsaxophonist Jörg Hiller zelebrierte mit lyrischem Ton „Harlem Nocturne“, bevor Christian Franck mit seiner weinenden Violine, sowie Micha Sanders mit cleaner Gitarre den Standard „Moonglow“ abstaubten und zu neuem Ballroom-Entzücken verhalfen. Danach gab die Big Band mit „Switch In Time“ (Nestico/Count Basie) mächtig Gas. In diesem Lehrstück anspruchsvoller Satzkultur stieg Lead-Posaunistin Allmut Wilke mit lockeren Soloriffs in höchste Gefilde. Und dann sorgte der Chor für Sentiment.
„Blue Moon“, dieses Traumstück aller Stehblues tanzenden Teenager der Nachkriegszeit, wurde vom Swing-Chor in einer reizenden Light-Rock Version exerziert und von einer Combo-Besetzung sicher geführt. Und schon besang die nächste Hymne an den Mond, wie sehr der Trabant die Empfindungen der Sehnsüchtigen fördert: „Flieg mit mir
zum Mond und lass mich zwischen den Sternen spielen“, als Latin-Rock-Version à la Santana, mit einem gut aufgelegten Chor.Ein ausgiebiges Medley aus Ohrwürmern der Soulepche um 1970 folgte mit „Motown Forever“. Detroit-City war Motor-Town, und der kompromisslose Beat mit simplen Bläser-Riffs ist ein Spiegelbild jener beseelten Unruhe in der Zeit des gesellschaftlichen Wandels. Als ob sie nie was anderes tun, sangen die Reuderner dieses üppige Arrangement, wobei Heike Stiebel mit überzeugender Röhre in die Fußstapfen von Diana Ross und Martha Reeves trat: Eine erotisch flammende Soulstimme mit zupackendem Groove.
Höhepunkt des Abends waren freilich die für Band und vierstimmigen Chor arrangierten Standards der Swing-Ära: „At Last“ und „I´ve Got A Girl From Kalamazoo“. Und in „I Could Write A Book“ ließ sich ein Doppelquartett bis an die Grenze zu professionellen Anforderungen führen. Bernd und Teresa Merz, Achim und Barbara Haußmann, Beate Weckenmann, Heike Stiebel, Wolfgang Winkler und Gerd Aring gingen die jazzigen, dissonanten Bewegungen unerschrocken an. Überzeugend durchliefen sie schwierige Voicings, die weit mehr verlangen als simple Dreiklangsbewegungen.
Davor führte BrassWood die Zuhörer durch einen Garten musikalischer Lüste. Ein rasanter „Mac The Knife“, und reihenweise Solisten: Achim Bade (tb), Bastian Kuthe und Udo Mayerle (ts), Jörg Hiller (as) und Reinmar Wipper (p). Erneut Christian Franck (viol) mit dem Artie-Shaw Klassiker von Cole Porter „Begin The Beguine“, eine betörend schöne „Moonlight-Serenade“ , in der die Geige vergessen machte, dass sie die originale Klarinette vertrat. Und schließlich „Hay Burner“ aus der Nestico-Basie-Kooperation, das Leib-und-Magen-Stück der Big Band.
Reiner Hiby leitete souverän Chor und Band, Reinmar Wipper führte gewohnt launig durch das Programm und ließ seiner Band freien Lauf, geführt von Martin Koch an den Drums. Mit Snacks vom Büffet und guten Drinks wurde die gute Laune gehoben, und ein rauschender Beifall erzwang eine Zugabe, den „Chattanooga Choo Choo“. Das nächste Projekt sei in Vorbereitung, hieß es.