Bericht der Nürtinger Zeitung vom 09.04.2014 von Jessica Hetke
Fräulein Wommy frivol und charmant
NT-REUDERN. Wommy Wonder ist nach ihrer „Verdauungstournee“ durch Essen, Darmstadt und Pforzheim am Samstagabend nun in Reudern angekommen. Mit ihrer Travestie-Show „Liebe, Lippenstift und Laster“ gibt sie sich in der Gemeindehalle bestens gelaunt. Wommy bietet reinste Unterhaltung, anspruchsvoll in dem Maße, wie es ihr Publikum zulässt. Wenn gewünscht auch mal frivol, doch niemals ordinär.
So erzählte sie in Reudern von zarten Trieben der Begierde und dem verwirrenden Verhältnis zwischen Mann und Frau: „Die beiden Geschlechter sind in der Wesensart so verschieden, wer Frauen versteht, kann auch durch null teilen. Männer sind durchaus multitaskingfähig, sie können Probleme parallel ignorieren.“ Wommy improvisiert und bezieht das Publikum spontan in ihre Show mit ein. Auch vor den auftauchenden Problemen des Alters macht sie nicht halt, dann wenn „Happy“ und „Birthday“ getrennte Wege gehen. So stichelt sie gegen einen Herrn mit wenig Haaren auf dem Kopf: „Ein bisschen ein extremer Scheitel, was Sie hier haben, aber ein schönes Gesicht braucht Platz oder wie wir in Stuttgart sagen, eine leere Scheune braucht kein Dach. Wenn am Gipfel schon die Gletscher leuchten, kann’s im Tal noch Frühling sein. Männer wie Sie stehen in der Bibel: ,Selig die, die ausharren.‘“
Doch alles Zitieren kann die Show nicht annähernd beschreiben, denn es ist der Gesamteindruck, den die schwungvolle, korpulente und originelle Dame hinterlässt. Ihre zweideutige Ironie, die der Show Esprit verleiht und beim Publikum ein Feuer der Begeisterung entfacht. Wer Wommy Wonder live sehen will, der lacht Tränen. Sie spricht das an, was sie im Alltag beobachtet und legt den Finger in die eine oder andere Wunde.
Versteckte kleine Botschaften, die Wommy Wonder in Reime oder Lieder verpackt. Selbst todernste Themen lässt sie nicht aus. So erzählt sie von einem Besuch am Grab des Kabarettisten Otto Reuter. Auf dem Grabstein steht: „Hier ruhen meine Gebeine, ich wollte es wären deine.“ Wommy sinnierte nun darüber, was auf ihrem eigenen Grabstein stehen könnte. Als schwäbisches Fräulein: „Ungeöffnet zurück“? Oder der schwäbischen Putzfrau: „Sie kehrt nie wieder“; oder der tratschigen Nachbarin: „Jetzt ist sie weg vom Fenster.“
Eine gelungene Ergänzung zum Auftritt von Wommy ist Bärbel, die Krankenschwester, die früher einmal Clown war und bei Wommy viele Jahre in der Garderobe arbeitete. Wommy Wonder hat Bärbels Talent erkannt. Die Begleitung begeisterte das Publikum unter anderem mit einer perfektionierten Solo-Nummer, die unter die Haut ging und Wommys Werke in ausgefeilter Detailarbeit brillant ergänzte.
Doch ist es auch interessant, einen kurzen Blick auf die Ernsthaftigkeit des Lebens der Wommy Wonder hinter den Kulissen zu werfen: Einen richtigen Urlaub zum Beispiel hatte Wommy beziehungsweise Michael Panzer zuletzt 2001. Das Showgeschäft, vor allem in Süddeutschland sei ein hartes. Von morgens um sieben bis nachts um drei arbeite er. Von der Show bis hin zur Organisation, Kostümgestaltung und Planung organisiert das Team alles selber. Ist er nicht auf der Bühne als Wommy, arbeitet er dahinter für Wommy. „Das ist meine Lebensaufgabe.“
Mit den Worten, die sie ihrem Publikum in Reudern noch mitgab: „Jeder Augenblick, an dem man nicht lächelt, ist ein verlorener Augenblick“, bedankten sich Wommy Wonder und Bärbel bei den Zuschauern in der Reuderner Festhalle unter einem nicht enden wollenden Applaus.